Ratenzuschläge in Versicherungsbedingungen- OLG Hamburg weist Klagen der Verbraucherzentrale Hamburg ab

Werden in Versicherungsbedingungen für Lebensversicherungen Zuschläge für die halbjährliche, vierteljährliche oder monatliche Prämienzahlung erhoben, muss für diese Ratenzuschläge kein effektiver Jahreszinssatz angegeben werden. Das hat heute das Hanseatische Oberlandesgericht entschieden und Klagen der Hamburger Verbraucherzentrale gegen drei Hamburger Versicherungsunternehmen abgewiesen (9 U 97/11, 9 U 103/11, 9 U 108/11).

Die beklagten Versicherungsgesellschaften räumen ihren Kunden beim Abschluss von Lebensversicherungen für die Prämienzahlung eine Wahlmöglichkeit ein: Entweder zahlt der Kunde die gesamte Prämie zu Beginn des Jahres oder er begleicht die Versicherungsprämie unterjährig, d.h. in halbjährlichen, vierteljährlichen bzw. monatlichen Raten. Entscheidet der Kunde sich für die unterjährige Zahlung, wird allerdings ein sog. Ratenzuschlag erhoben. Auf diesen Ratenzuschlag wird in den vorformulierten Versicherungsbedingungen hingewiesen. Ein effektiver Jahreszinssatz (wie bei einem Kredit) wird jedoch nicht angegeben. Hierin sieht die Verbraucherzentrale einen Verstoß gegen die für Kreditverträge geltende Preisangabenverordnung und das Verbraucherkreditrecht. Mit ihrer Klage wollte die Verbraucherzentrale deshalb erreichen, dass das Gericht den Versicherern verbietet, in ihren Versicherungsbedingungen Ratenzuschläge für die unterjährige Prämienzahlung zu regeln, ohne den effektiven Jahreszins für die Zuschläge auszuweisen.

Das Oberlandesgericht ist, anders als erstinstanzlich das Landgericht Hamburg, der Auffassung der Verbraucherzentrale Hamburg nicht gefolgt und hat die Klagen abgewiesen.

In seiner Begründung hat der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige 9. Zivilsenat ausgeführt, dass es sich der Sache nach nicht um einen Kredit handele, wenn die Versicherung dem Versicherungsnehmer eine Ratenzahlung ermögliche und dafür Zuschläge erhebe. Das Gericht hat dabei deutlich gemacht, dass es bereits aus dem Prinzip der Gleichbehandlung aller Versicherungsnehmer geboten sei, dass die sich für eine ratierliche Zahlungsweise entscheidenden Versicherungskunden mit höheren Prämien belastet werden. Diese Zuschläge seien von der Versicherung wie auch die Prämie insgesamt nach Vorgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen kalkulatorisch auf den entstehenden größeren Verwaltungsaufwand, auf die Abdeckung des Todesfallrisikos sowie auf den Sparanteil aufzuteilen. Sie stellten also nicht wie ein normaler Kreditzins die Gegenleistung für eine Kapitalnutzungsmöglichkeit i.S. eines entgeltlichen Zahlungsaufschubs dar. Daher entspricht nach Auffassung des Senats auch die von der Verbraucherzentrale Hamburg verlangte Angabe eines Effektivzinses nicht den wirtschaftlichen Gegebenheiten.

Der Senat hat unter Berufung auf die Begründung zu der maßgebenden Verbraucherschutz- Richtlinie der EU sowie auch zum deutschen Verbraucherkreditgesetz, das in Umsetzung der EU-Richtlinie in Kraft getreten ist, deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber  ausdrücklich die Regelungen über Kreditverträge nicht auf Versicherungsverträge zur Anwendung kommen lassen wollte.  Der Gesetzgeber habe auch demgemäß die dem Verbraucher gegenüber zu erfüllenden Informationspflichten im Verbraucherkreditrecht einerseits und im Versicherungsrecht andererseits unterschiedlich geregelt, sodass auch deswegen eine Anwendung der Bestimmungen zum Verbraucherkreditrecht nicht in Betracht kam.

Das Gericht hat schließlich auch den Vorwurf der mangelnden Transparenz der Klausel, in der es heißt, dass ein Ratenzuschlag erhoben wird, für nicht durchgreifend erachtet. Die Höhe der zu zahlenden Versicherungsprämie werde ohnehin jeweils individuell vereinbart. Der Versicherungsnehmer habe auch ohne Weiteres die Möglichkeit, die Höhe der Belastung bei Zahlung einer Jahresprämie einerseits und einer ratierlichen Zahlungsweise andererseits zu vergleichen. Einer genauen Angabe der Höhe des Zuschlags schon in den Versicherungsbedingungen bedürfe es  nicht.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Senat die Revision zum Bundesgerichthof zugelassen.

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