FG Münster: Umsätze eines Assekuradeurs sind umsatzsteuerpflichtig

Sämtliche Leistungen eines Assekuradeurs, der Versicherungsprodukte entwickelt und vermittelt, sind umsatzsteuerpflichtig. Dies folgt aus einem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 17.10.2017.

Die Klägerin entwickelt und vermarktet als Assekuradeurin Versicherungsprodukte. 2011 erzielte sie im Wesentlichen Umsätze aus einem Produkt, mit dem Schiffe und deren Besatzung gegen Piraterie versichert werden. Nach den vertraglichen Vereinbarungen mit den Versicherungsunternehmen vermittelte die Klägerin entsprechende Versicherungsverträge an Versicherungsnehmer, stellte die Versicherungsbedingungen zur Verfügung, führte Risikoanalysen von Versicherungsnehmern vor Versicherungsabschluss durch und erbrachte weitere Leistungen im Zusammenhang mit der Kontaktpflege und der Abwicklung der Versicherungsverträge. Die Gegenleistung wurde als Prozentsatz der Versicherungsbeiträge bemessen, wobei diese unabhängig davon anfiel, ob die Versicherungsabschlüsse durch die Klägerin vermittelt wurden oder nicht.

Während die Klägerin von einheitlichen umsatzsteuerfreien Leistungen an die Versicherungsunternehmen ausging, nahm das Finanzamt im Schätzungswege eine Aufteilung in steuerfreie Vermittlungsleistungen, ermäßigt zu besteuernde Lizenzüberlassungen für das Wording und im Übrigen steuerpflichtige Tätigkeiten zum Regelsteuersatz vor. Die dagegen gerichtete Klage hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Das FG folgte zunächst der Ansicht der Klägerin, dass sie gegenüber den Versicherungsunternehmen einheitlich zu beurteilende Leistungen erbringe. Diese Leistungen seien jedoch insgesamt steuerpflichtig. Zwar gehöre ein Teil der Leistungen zu typischen Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters im Sinne von § 4 Nr. 11 UStG, beispielsweise die Vermittlung der Versicherungen, die Kontaktpflege und die Vertragsverwaltung. Die Klägerin habe sich jedoch zu zahlreichen anderen Leistungen verpflichtet, wie etwa die Schadensregulierung im Namen und für Rechnung der Versicherung, den fortlaufenden Anpassungen des Produkts, der Schulung des Vertriebspersonals des Versicherers und der Suche von Mitversicherern bei sehr hohen Deckungssummen. Hierbei handele es sich nicht um Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin liege allerdings in der Entwicklung vollständig neuer Versicherungsprodukte. Dies entspreche zwar im Kern der Tätigkeit eines Versicherers, sei aber nicht nach § 4 Nr. 10 UStG steuerfrei, weil die Klägerin selbst keinen Versicherungsschutz gewähre. Für diese Entwicklung erhalte die Klägerin ihre Gegenleistung, da die Courtage nach den vertraglichen Vereinbarungen auch für nicht von der Klägerin vermittelte Verträge zu entrichten ist. Da die einheitliche Leistung in der Entwicklung und Nutzbarmachung eines Versicherungsprodukts bestehe, komme auch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht in Betracht.

Finanzgerichts Münster Urteil vom 17.10.2017 – Az.: 15 K 3268/14

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Fachanwalt für Versicherungsrecht

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