Bundesgerichtshof: Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen englischen Lebensversicherer

Der IV. Zivilsenat des BGH hat am 15.02.2012 eine Entscheidung zur gerichtlichen Geltendmachung und Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen unzureichender Aufklärung vor Abschluss einer englischen Lebensversicherung getroffen. In dem Fall hatte der Kläger zu Beginn des Jahres 1999 bei dem beklagten englischen Lebensversicherer eine „Investment-Lebensversicherung“ abgeschlossen, nachdem dieser mit jährlichen Überschüssen deutlich über denen seiner deutschen Mitbewerber geworben hatte. Seit 2003 stagniert der Vertragswert. Bei der Beklagten war es zu Problemen mit der finanziellen Belastung aus den Ansprüchen britischer Bestandskunden gekommen, die 2002 in der Genehmigung eines Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht („Scheme of Arrangement“) durch das dort zuständige Gericht mündeten. Dieser führte zur Abfindung einzelner Ansprüche der Versicherungsnehmer gegen einmalige Erhöhung des Versicherungswertes. Der Kläger hatte geltend gemacht, dass er über die aus seiner Sicht nicht ordnungsgemäße Geschäftspolitik der Beklagten u.a. durch überhöhte Zuteilung von Überschüssen, unzureichende Bildung von Deckungskapital und Verwendung veralteter Sterbetafeln nicht aufgeklärt worden sei und den Vertrag bei zutreffender Information nicht abgeschlossen hätte. Die Beklagte hat sich auf die Sperrwirkung ihres englischen Vergleichsplans, die Verjährung der geltend gemachten Ansprüche und das Fehlen von Aufklärungspflichten berufen. Das Berufungsgericht hatte die Klage noch wegen Verjährung abgewiesen.

Nach Ansicht des BGH, steht die Anerkennung eines gerichtlich genehmigten Vergleichsplans nach englischem Gesellschaftsrecht („Scheme of Arrangement“), der eine Lebensversicherung betrifft, die Vorschriften über die Zuständigkeit in Versicherungssachen gemäß Art. 8, 12 Abs. 1, 35 EuGVVO entgegen. Mithin hindert der Vergleichsplan Versicherungsnehmer in Deutschland nicht, Ansprüche geltend zu machen.

Weiterhin hat der BGH seine Rechtsprechung bestätigt, wonach für die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus vorvertraglichem Verschulden, mit dem der Versicherungsnehmer so gestellt werden will, wie wenn er den Vertrag nicht geschlossen hätte, nicht § 12 Abs. 1 VVG a.F. einschlägig ist, sondern die allgemeinen Bestimmungen der §§ 195, 199 BGB gelten. Danach sind nur einige der vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche verjährt. Die Sache wurde zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das noch Feststellungen zu den nicht verjährten Schadensersatzansprüchen zu treffen hat.

IV ZR 194/09

OMX

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