BGH: Rechts vor Links auf Parkplätzen

Rechts vor links gilt auf öffent­lichen Parkplätzen nur dann, wenn die Fahrbahnen eindeutig Straßencharakter haben. Der IV. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass sich die auf die zügige Abwicklung des fließenden Verkehrs abzielende Vorfahrtsregel nicht auf die Pakplatzsituation übertragen lässt.

Ein Autofahrer verlangte von seinem Unfallgegner den Ersatz seines vollständigen Schadens. Die Kollision ihrer Pkw hatte sich auf dem Parkplatz eines Baumarkts ereignet. In einem Kreuzungsbereich kam es zu einem Zusammenstoß des Geschädigten mit dem von links kommenden Wagen des Unfallgegeners. Dessen Versicherung übernahm die Hälfte des Schadens. Eine Regelung der Vorfahrt durch Schilder oder Markierungen gab es nicht. Das AG Lübeck urteilte eine Haftungsquote von 70:30 zugunsten des Anspruchstellers aus. Dessen Ansicht, der Unfallgegner hafte hier wegen Verletzung der Vorfahrtsregel des § 8 StVO voll, folgte auch das Landgericht Lübeck nicht. Es sei allein von Bedeutung, dass beide Parteien zu schnell unterwegs gewesen seien. Der BGH bestätigte die Haftungsverteilung.
Der BGH billigte es ausdrücklich, dass die Lübecker Gerichte die Regel „rechts vor links“ aus § 8 StVO nicht angewandt hatten. Damit entschied der BGH einen bislang von ihm nicht geklärten Streit zugunsten einer stark eingeschränkten Verwendung der Vorfahrtsregel auf Parkflächen. Gebe es dort keine ausdrücklichen Bestimmungen, so komme der Grundsatz „rechts vor links“ – unmittelbar oder auch indirekt im Rahmen des § 1 Abs. 2 StVO – nur dann zur Anwendung, wenn die Fahrbahnen Straßencharakter hätten.

BGH, Urteil vom 22.11.2022 – VI ZR 344/21

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Oliver Meixner
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Fachanwalt für Versicherungsrecht

 

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