BGH: Keine Erstattung der Kosten für eine in Deutschland gesetzlich verbotene Behandlung (hier: künstliche Befruchtung mit Eizellspende)

BGH hat in einem aktuellen Urteil vom 14. Juni 2016 klargestellt, dass ein privater Krankenversicherungsvertrag, der deutschem Recht unterliegt und dem die Musterbedingungen (MB/KK) zugrunde liegen, keinen Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen gewährt, die für eine in Deutschland nicht erlaubte Behandlungsmethode entstanden sind. Im konkreten Fall ging es um eine in der Tschechischen Republik durchgeführte künstliche Befruchtung, bei der von anderen Frauen gespendete Eizellen verwendet wurden. Dies ist in der Tschechischen Republik erlaubt, in Deutschland aber nach dem Gesetz zum Schutz von Embryonen (ESchG) verboten und strafbar.

Die vertragliche Regelung, dass der Versicherungsvertrag deutschem Recht unterliegt, stellt unter Berücksichtigung der Regelungen der vereinbarten allgemeinen Versicherungsbedingungen nach Ansicht des BGH nicht nur eine formale Rechtswahl für Streitigkeiten aus dem Versicherungsvertrag dar, sondern auch eine nähere Beschreibung des Umfanges des Versicherungsschutzes. Hierdurch wird daher das Leistungsversprechen des Krankenversicherers näher ausgefüllt. Diesem Verständnis des Versicherungsvertrages steht nicht entgegen, dass gemäß § 1 Abs. 4 Satz 1 MB/KK Versicherungsschutz grundsätzlich in ganz Europa besteht. Dies ist als eine Regelung über den räumlichen Geltungsbereich des Versicherungsschutzes zu verstehen, nicht aber als eine Ausdehnung des Leistungsversprechens auf alle Behandlungen, die im jeweiligen europäischen Land erlaubt sind. Ausdrücklich abgelehnt hat der BGH dabei die Ansicht, § 1 Abs. 4 Satz 1 MB/KK solle nicht nur die Durchführung einer auch im Inland angebotenen Heilbehandlung im Ausland ermöglichen, sondern erst recht dem Interesse des Versicherten dienen, eine Behandlung im Ausland durchführen zu lassen, die im Inland nicht angeboten wird bzw. werden darf.

Die vertragliche Ausgestaltung des Versicherungsschutzes, wie der BGH sie den vertraglichen Regelungen entnimmt, verstößt auch nicht gegen europäisches Recht. Einer Vorlage der Sache beim Europäischen Gerichtshof bedurfte es nicht, weil eine Verletzung europäischen Rechts vom BGH anhand der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes abschließend und zweifelsfrei verneint werden konnte.

BGH, Urteil vom 14.06.2017 – IV ZR 141/16

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RA Arno Schubach
Fachanwalt für Versicherungsrecht

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