Beitragsanpassung in der privaten Krankenversicherung – Bundesgerichtshof bestätigt Wirksamkeit

Bereits mehrfach hat der Bundesgerichtshof (BGH) in diversen Entscheidungen abschließend zu wichtigen Fragen entschieden, die im Zusammenhang mit Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung gemäß § 203 Versicherungsvertragsgesetzt (VVG) gestellt wurden (insbesondere Urteil vom 19.12.2018 – IV ZR 255/17: Unabhängigkeit des Treuhänders; Urteile vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 u. IV ZR 314/19: Anforderungen an die Begründung gemäß § 203 Abs. 5 VVG; Urteil vom 17.11.2021 – IV ZR 113/20: Verjährung). Mit seinem Urteil vom 22.06.2022 – IV ZR 253/20 hat der BGH dem nun einen weiteren Meilenstein hinzugefügt.

Mit diesem Urteil hat der IV. Zivilsenat des BGH nun klargestellt, dass § 8b Abs. 1 MB/KK wirksam und daher in Verbindung mit entsprechenden Tarifbedingungen des Krankenversicherers eine wirksame Grundlage für Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung ist. Diese Entscheidung ist von Bedeutung in den Fällen, in denen der auslösende Faktor „Versicherungsleistungen“ eine Veränderung aufweist, die zwischen 5 % und dem in § 155 Abs. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelten gesetzlichen Schwellenwert von 10 % liegt.

Zwar ist nach der Beurteilung des BGH § 8b Abs. 2 MB/KK unwirksam, weil dieser vorsieht, dass der Versicherer bei einer nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung zu einer Prämienanpassung berechtigt sein kann. Dies weicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der gesetzlichen Regelung ab, nach der eine Prämienanpassung zwingend voraussetzt, dass die Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage nicht nur als vorübergehend anzusehen ist.

Die Unwirksamkeit von § 8b Abs. 2 MB/KK führt jedoch nicht dazu, dass auch § 8b Abs. 1 MB/KK unwirksam ist. § 8b Abs. 1 MB/KK weicht nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers von den gesetzlichen Vorschriften ab, die dort geregelten Voraussetzungen entsprechen vielmehr denjenigen in § 203 Abs. 2 VVG. Erlaubt ist eine Prämienanpassung danach nur bei einer Veränderung der Rechnungsgrundlagen, die nicht nur als vorübergehend anzusehen ist. Durch § 8b Abs. 1 MB/KK in Verbindung mit entsprechenden Tarifbedingungen wird lediglich der Schwellenwert von 10 % auf 5 % abgesenkt. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber den Krankenversicherern in § 155 Abs. 3 Satz 2 VAG ausdrücklich eingeräumt.

BGH, Urteil vom 22. Juni 2022 – IV ZR 253/20

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Arno Schubach
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