BGH zur „unechten“ Verflechtung zwischen einem Versicherer und einem mit der Versicherungsgruppe langfristig kooperierenden Makler

Der BGH (Urteil vom 1.3. 2012, III ZR 213/11)  hatte folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Zwischen der Konzernmutter eines Lebensversicherers und einem Makler bestand ein Kooperationsverhältnis, wonach der Makler  Policen anbot, die mit einem Bestandteil der Firma des Maklers nach diesem benannt waren.

Vordergründig ging es darum, dass der Makler mit einem Versicherungsnehmer darum stritt, ob dieser ein vereinbartes Honorar aufgrund einer Vermittlungsgebührenvereinbarung zu zahlen hatte. Der Versicherungsnehmer hatte Zahlung verweigert. Der vom Makler geführten Streit um seine Vermittlungsgebühr hatte vor dem Amtsgericht noch Erfolg, vom Landgericht wurde die Klage abgewiesen. Die Revision des Maklers blieb ohne Erfolg.

Der BGH stellt in diesem Fall einleitend in dankenswerter Weise nochmals klar, dass die Verwendung eines Antragsformulars des Versicherers durch den Makler nicht in der Lage ist, einen institutionalisierten Interessenkonflikt zu begründen. In einer Vielzahl von Auseinandersetzungen in Instanzgerichten ist  zu beobachten, das allein mit diesem Argument versucht wird, den Makler in das Lager des Versicherers zu stellen. Es ist zu hoffen, dass diese Nachricht gehört wird.

Dem BGH ist auch zuzustimmen, wenn er  davon ausgeht, dass die Gefahr einer Interessenbindung zulasten des eigentlichen Auftraggebers des Maklers besteht, wenn Anlagestrategien und Policen eines Versicherers allgemein mit dem Namen des Maklers versehen werden und dies vom Makler als eigene konzeptionelle Leistung für die private Altersversorgung herausgestellt wird.

Der BGH geht davon aus, dass diese so gekennzeichneten und werblich besonders herausgestellten Produkte für den Makler von ganz erheblichem wirtschaftlichem Interesse sind und  für ihn im Vordergrund stehen. Infolgedessen kann der Makler seiner Stellung als (unabhängiger) treuhänderischer Sachwalter des von ihm betreuten Kunden nicht mehr in hinreichendem Maße gerecht werden.

Die Revision hatte vorgetragen, dass der Kennzeichnung der vertriebenen Produkte keine rechtlich bindende Verpflichtung zu Grunde lag, etwa nach Art eines Handelsvertreters tätig zu werden.

Der BGH hält eine rechtlich bindende Verpflichtung für nicht erforderlich, für die Annahme eines institutionalisierten Interessenkonflikts kämen alle Arten rechtlicher oder wirtschaftlicher Bindungen von erheblichem Gewicht in Betracht, die auf Dauer angelegt sind und von denen ein maßgeblicher Einfluss auf die Verhaltensweise der Handelnden ausgeht.

Die besondere Bindung zwischen dem Versicherer und dem Makler wurden in diesem Fall auch dadurch deutlich, dass ein Unternehmen aus der Gruppe des Versicherers mit dem Einzug der Forderungen aus den Vermittlungsgebührenvereinbarungen beauftragt war.

Die Police, um deren Vermittlung ist in diesem Fall ging, ist ein Exemplar einer Spezies, die auch als „White-Label-Police“ bekannt ist. Versicherer stellen einem Makler die Möglichkeit zur Verfügung, Policen an prominenter Stelle mit einem Bestandteil der Firma des Maklers zu versehen.

Der BGH schützt mit diesem Urteil auch den Berufstand des Maklers. Er wertet eine dauerhafte Bindung eines Maklers an einen  Produktlieferanten als unvereinbar mit dem gesetzlichen Leitbild des Maklers.

Es ist davon auszugehen, dass diese Konstellation in absehbarer Zukunft verschwindet.

Lff

 

 

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