BGH: Finanzierungsberatungsvertrag verpflichtet Bank nicht zur Offenlegung von Provision

Der Kläger nahm eine Bank wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Immobilienfinanzierung auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger hatte mit der Beklagten einen Darlehensvertrag abgeschlossen. Zur Tilgung des Darlehens zur Endfälligkeit hatte die Beklagte eine Lebensversicherung vermittelt. Die Beklagte erhielt von der Versicherung für die Vermittlung dieses Vertrages eine Provision, ohne dies dem Kläger mitzuteilen. Das Landgericht hatte der Klage überwiegend stattgegeben, auf die Berufung der Beklagten hin hatte das Berufungsgericht die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Revision des Klägers. Die Revision hatte – soweit sie zulässig war – keinen Erfolg, .

Der Kläger hatte geltend gemacht, dass er gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung über die empfangene Vermittlungsprovision habe. Dabei bezog er sich auf die Rechtsprechung des XI. Senats des BGH zur Pflicht einer Bank, auf Rückvergütungen hinzuweisen, soweit ein Kapitalanlageberatungsvertrag abgeschlossen wurde.

Der BGH stellt erneut klar, dass die Grundsätze zu den Aufklärungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank nicht auf Finanzierungsberatungen durch eine Bank übertragbar sind. Schon mit Urteil vom 29. November 2011 (XI ZR 220/10) hat der BGH klargestellt, dass die Rechtsprechung zu den Aufklärungspflichten einer anlageberatend tätigen Bank über Inkassoprovisionen und von ihr vereinnahmte Rückvergütungen keine Anwendung findet auf den Sachverhalt der Vermittlung eines Versicherungsvertrages. In jenem Fall fehlte es sowohl an einem Beratungsvertrag als auch an einer Kapitalanlageberatung.

In dem nunmehr entschiedenen Fall sieht der BGH keinen Anlass, selbst bei Vorliegen einer Finanzierungsberatung die Verpflichtung einer Bank anzunehmen, über die von ihr möglicherweise für die Vermittlung der Lebensversicherung erhaltenen Provisionen Auskunft zu geben.

Aufklärungspflichtig sind Vermittler nur hinsichtlich solcher Provisionen, die aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird (Rn. 25). Zwar könne beim Anleger keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er könne jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (a.a.O.).
Eine hinsichtliche einer Finanzierng beratende Bank ist nicht aus allgemeinen Grundsätzen verpflichtet, auf von ihr vereinnahmte Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen hinzuweisen.

Eine Bank ist schon grundsätzlich nicht verpflichtet, ihren Kunden darüber aufzuklären, dass sie mit Produkten, die sie in ihrer Beratung empfiehlt, Gewinne erzielt. Bei der gebotenen normativ-objektiven Betrachtungsweise ist es offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-)Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss.

Auch die Zahlung einer Provision für die Vermittlung einer Kapitallebensversicherung ist aus normativ-objektiver Sicht offensichtlich und folglich nicht aufklärungsbedürftig (Rn. 27). Der BGH stellt fest, dass die Zahlung einer Provision durch den Versicherer an den Vermittler einem überkommenen, allgemein bekannten Handelsbrauch entspricht, der aufgrund einer vom Willen aller Beteiligten getragenen gleichförmigen Übung sogar als Gewohnheitsrecht anzusehen ist (Rn. 30). Dies gilt nicht nur für den Versicherungsvertreter, sondern auch für den Anspruch des Versicherungsmaklers, obwohl dieser treuhänderischer Sachwalter und Interessenvertreter des Versicherungsnehmers ist (Rn. 30).

Anmerkung: Erfreulich ist die eindeutige Kürze, mit der der BGH diese Feststellungen trifft. Versicherungsnehmer versuchen immer wieder, die Tatsache, dass der Ihnen den Versicherungsvertrag vermittelnde Vertreter oder Vermittler Provision erhielt, als Grundlage für einen Schadensersatzanspruch darzustellen. Regelmäßig wird beanstandet, dass in der Vergangenheit nicht über die Zahlung von Vermittlungsprovisionen aufgeklärt wurde. Dies sei als Verstoß gegen Aufklärungspflichten zu werten. Diesen Bemühungen hat der BGH erneut eine Schranke gesetzt.

Interessant ist insbesondere die Feststellung des BGH, die sich auf den Vergütungsanspruch des Versicherungsmaklers bezieht. Daraus kann nichts anderes geschlossen werden, als dass der zwischen dem Versicherungsinteressenten und dem Versicherungsmakler geschlossene Maklervertrag einen Entgeltanspruch auslöst, der aufgrund eines Handelsbrauchs durch den Versicherer aus den Prämien, die der Versicherungsnehmer zu zahlen hat, befriedigt wird.
Besondere Bedeutung erlangt diese Feststellung auch in den Streitfällen um das Widerrufsrecht nach § 5a VVG a. F (vgl.: BGH vom 7.5.2014 – IV ZR 76/11) . In den Fällen, in denen die Versicherung von einem Versicherungsmakler vermittelt wurde, sind die an den Makler geflossenen Provisionen im Interesse des Versicherungsnehmers gezahlt worden. Dies führt wegen der Befreiung von dem Entgeltanspruch des Maklers durch den Versicherer zu einer Bereicherung beim Versicherungsnehmer und der entsprechenden Entreicherung des Versicherers. Damit können jedenfalls die vom Versicherer an den Versicherungsmakler gezahlten Provisionen im Rahmen der Berechung des Rückvergütungsanspruchs des Versicherungsnehmers gemäß § 812 BGB als Abzugsposten geltend gemacht werden.

Urteil vom 1.7.2014 – XI ZR 247/12

Lff

 

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