Haftung für Schäden durch Abschießen einer Feuerwerksrakete auf dem Nachbargrundstück

22.09.2009

Der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte zu entscheiden, ob der Schaden, der durch das Abschießen einer Feuerwerksrakete auf einem Wohngrundstück an einem Nachbargrundstück entsteht, unter dem Gesichtspunkt eines verschuldens-unabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs zu ersetzen ist.

Der Beklagte zündete am Abend des 1. Januar 2006 auf dem Grundstück des von ihm bewohnten Hauses eine Leuchtrakete. Diese stieg zunächst ca. 5 m gerade nach oben, schwenkte dann zur Seite und drang durch eine ca. 67 bis 87 mm breite Spalte zwischen Außenwand und Dach in eine etwa 12 m entfernte Scheune ein. Dort explodierte sie und setzte nicht nur die Scheune, sondern den ganzen Gebäudekomplex in Brand (Scheune, Getreidelager, Schweinestall, Wohnhaus, Garagen).

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs kann ein Grundstückseigentümer von seinem Nachbarn zwar nicht generell verlangen, das Abschießen von Feuerwerksraketen zu unterlassen, auch wenn dies potentiell zu einer Beeinträchtigung seines Grundstücks führen kann. Ein Unterlassungsanspruch entsteht aber in dem Zeitpunkt, in welchem sich – von dem Nachbargrundstück ausgehend – eine konkrete Gefahrenquelle (hier das Abdriften und Eindringen der Rakete in die Scheune) gebildet hat, auf Grund deren ein Einschreiten geboten ist. Kann dieser Anspruch – wie hier – aus tatsächlichen Gründen nicht rechtzeitig durchgesetzt werden, steht dem Grundstückseigentümer ein Ausgleichsanspruch in Geld zu. Dieser setzt jedoch voraus, dass das zu einer Gefährdung führende Verhalten auf dem Nachbargrundstück dem Bereich der konkreten Nutzung dieses Grundstücks zuzuordnen ist und einen sachlichen Bezug zu diesem aufweist. Daran fehlte es nach Ansicht des Senats hier, weil das Abschießen einer Feuerwerksrakete auch noch am Abend des Neujahrstages in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Wohnnutzung des Grundstücks stand, sondern der Befolgung eines gesellschaftlichen Brauches diente, bei dem die Wahl der Abschussstelle mehr oder weniger einer weit verbreiteten Übung entsprechend erfolgte, ohne dass ein darüber hinausgehender sachlicher Bezug zu der Wohnnutzung erkennbar war.
(BGH, Urteil vom 18. September 2009 – V ZR 75/08)

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