BGH: Keine Obliegenheit des Versicherers, die versicherte Person neben oder an Stelle des VN entsprechend § 186 Satz 1 VVG zu informieren.

Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung vom 22. Mai 2019 die höchst kontrovers diskutierte Frage, wer bei einer Versicherung für fremde Rechnung Adressat der vom Versicherer zu erteilenden Hinweise nach § 186 Satz 1 VVG ist, geklärt.   Bei einer Versicherung für fremde Rechnung obliegt danach es dem Unfallversicherer grundsätzlich nicht, die versicherte Person neben oder an Stelle des Versicherungsnehmers entsprechend § 186 Satz 1 VVG zu informieren. Das soll auch im Falle der Anzeige des Versicherungsfalles durch den Versicherten gelten. Dies ergebe sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut des § 186 Satz 1 VVG, nach dem die Hinweispflicht nur gegenüber dem Versicherungsnehmer besteht. Schließlich habe der BGH in der Vergangenheit zur Kfz-Versicherung entschieden, dass Regelungen im Versicherungsvertragsgesetz, im Pflichtversicherungsgesetz und in Versicherungsbedingungen, die nur den Versicherungsnehmer nennen, sinngemäß auch auf den mitversicherten Fahrer anzuwenden seien.

Jedoch habe der Gesetzgeber des VVG 2008, der mit diesem Gesetz zahlreiche neue Hinweis- und Belehrungspflichten des Versicherers eingeführt hat, an mehreren Stellen spezielle Regelungen getroffen, die ausdrücklich eine Information der versicherten Person selbst gewährleisten sollen (vgl. etwa § 166 Abs. 4, § 206 Abs. 3 Satz 2 VVG; siehe nunmehr auch § 7d Satz 1 VVG, eingeführt durch Gesetz vom
20. Juli 2017, BGBl. I S. 2789). Mit dieser Regelungssystematik wäre es nach Auffassung des IV. Senates nicht vereinbar, die Hinweispflicht des § 186 Satz 1 VVG allein deshalb auf das Verhältnis zur versicherten Person zu erstrecken, weil dieser gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 VVG die Rechte aus dem Vertrag zustehen. Der BGH geht deshalb auch nicht davon aus, dass die versicherte Person auf Grund eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers in § 186 VVG „vergessen“ wurde.

 

BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – IV ZR 73/18 – OLG Karlsruhe – LG Heidelberg

 

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