BGH zur Haftung von Steuerberatern.

Der mit der Vertretung im Verfahren über einen Einspruch gegen einen Steuerbescheid beauftragte Steuerberater ist nicht verpflichtet, seinen Mandanten auf einen möglichen Regressanspruch gegen einen früheren Steuerberater und auf die drohende Verjährung eines solchen Anspruchs hinzuweisen.

Der Kläger war Teilhaber einer Gemeinschaftspraxis, die auf einem ihm gehörenden Grundstück betrieben wurde. Nachdem die Betriebsmittel zunächst allesamt in seinem Alleineigentum standen, veräußerte er im Dezember 1996 zunächst 10 % und im Dezember 1997 weitere 40 % an den neben ihm tätigen Arzt. Das Grundstück hielt er in seinem alleinigen Sonderbetriebsvermögen.

Der damalige Steuerberater erreichte, dass die in 1997 und 1998 insoweit erzielten Veräußerungserlöse als steuerbegünstigte Veräußerungsgewinne nach § 34 EStG behandelt wurden. Eine sich anschließende Betriebsprüfung monierte, dass mit den Praxisanteilen nicht auch anteiliges Sonderbetriebsvermögen veräußert worden war. Es kam zu Änderungsbescheiden, die den Veräußerungserlös als nicht steuerbegünstigten laufenden Gewinn umqualifizierten und zu einer Steuernachzahlung von 223.328,50 Euro führten. Die Beklagte als die ab 1999 beauftragte neue Steuerberatungsgesellschaft legte gegen die Bescheide Einspruch ein. Ihr Mandat umfasste die Erstellung der Buchhaltung, der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen sowie die damit verbundene steuerliche und wirtschaftliche Beratung. Die Einsprüche gegen die Nachzahlungsbescheide wurden nach einem Hinweis des Finanzamtes, dass es an seiner Rechtsauffassung festhalte, zurückgenommen.

Der auf Erstattung der Steuernachzahlungen in Anspruch genommene frühere Steuerberater erhob erfolgreich die Einrede der Verjährung. Der Kläger nahm sodann seine jetzigen Steuerberater in Haftung, weil diese ihn nach seiner Überzeugung pflichtwidrig nicht in unverjährter Zeit auf die Regressansprüche gegen den früheren Steuerberater hingewiesen haben.

Der IX. Zivilsenat des BGH meint nun in einem Urteil vom, dass sich aus den allgemeinen vertraglichen Pflichten eines Steuerberaters nicht die Verpflichtung ergibt, den Kläger auf einen Regressanspruch gegen seinen Vorberater hinzuweisen. Welche Aufgaben der Steuerberater zu erfüllen habe, richte sich nach dem Inhalt und dem Umfang des Mandats. Danach bedurfte eine solche Beratung, die über vertraglich vereinbarte Erstellung der Buchhaltung, der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen sowie die damit verbundene steuerliche und wirtschaftliche Beratung hinausging, eines besonderen Auftrages.

Die vertraglichen Nebenpflichten des Steuerberaters beinhalten zwar die Verpflichtung, den Mandanten vor Schaden zu bewahren und auf Fehlentscheidungen, die für ihn offen zu Tage treten, hinzuweisen. Zu diesen Nebenpflichten gehöre jedoch nicht die Verpflichtung, den Mandanten auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Vorberater hinzuweisen. Denn die Vertragspflichten des Steuerberaters beschränken sich nach den§§ 1 – 3, 33 StBerG in der Regel auf das Steuerrecht, zumal dem Steuerberater eine geschäftsmäßige Besorgung anderer Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung untersagt sei. Aus der vertraglichen Nebenpflicht des Steuerberaters, den Mandanten auf offen zu Tage tretende Fehlentscheidungen hinzuweisen, kann nach Überzeugung des BGH deshalb eine solche Hinweispflicht ebenso wenig abgeleitet werden.

Die Beauftragung der Beklagten mit der Vertretung im Einspruchsverfahren rechtfertige keine abweichende Beurteilung. Selbst wenn das Mandat des Rechtsanwalts ausschließlich die Vertretung in einem bestimmten Rechtsstreit umfasst, trifft diesen – anders als den Steuerberater – die Pflicht, seinen Mandanten auf eine drohende Verjährung von Regressansprüchen gegen einen Dritten (z.B. den Steuerberater) hinzuweisen. Dies ergibt sich daraus, dass der Rechtsanwalt verpflichtet ist, die Interessen seines Mandanten in den Grenzen des Mandats nach jeder Richtung wahrzunehmen, so dass er alle unmittelbar mit dem Rechtsstreit zusammenhängenden rechtlichen und wirtschaftlichen Belange seiner Partei mit zu berücksichtigen hat. Bei dem Steuerberater liegt die Beurteilung zivilrechtlicher Regressmöglichkeiten hingegen grundsätzlich außerhalb des Auftrags.

Besondere Rechtskenntnisse zu Regressansprüchen und Verjährungsfragen kann der Mandant von einem Steuerberater nach der Überzeugung des BGH regelmäßig nicht erwarten.

Etwas anderes hat auch dann nicht zu gelten, wenn in der Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft auch Rechtsanwälte beschäftigt sind. Denn maßgeblich ist hinsichtlich der Abgrenzung der Pflichtenkreise alleine der Mandatsumfang.

BGH Urteil vom 07.05.2015 IX ZR 186/14

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